Geschichte
Unter den nicht gerade wenigen Museen in unserem Lande zählt das Museum der Stadt Bruneck zu jenen mit sehr bewegter Geschichte.
Nach Bozen (1882), Brixen und Meran (1898) erwachte auch in der Kleinstadt Bruneck der Wunsch nach einem eigenen Museum und Museumsverein. Die Initiative kam vom Heimatforscher und Gerichtsrat Paul Tschurtschenthaler, der 1912 die Gründung des Museumsvereins bewirkte.
Albert Stolz, Porträt Paul Tschurtschenthaler, 1933, Öl auf Leinwand
Als Grundstock für das Museum diente der Nachlass des im Jahre 1844 verstorbenen Chronisten Johann Nepomuk Tinkhauser, Goldschmied und Inhaber vieler Talente. Eine seiner Töchter, Maria Theresia Elisabeth, verehelichte Seeböck, hatte die reichhaltige und wertvolle Hinterlassenschaft des Vaters jahrzehntelang gehütet, und so konnte im Jahre 1911 die Stadtverwaltung eine Sammlung erwerben, die als Grundstein für ein Heimatmuseum zu den besten Hoffnungen für die Zukunft berechtigte. Die Sammlung umfasste sakrale Goldschmiedearbeiten im klassizistischen Stil, eine große Anzahl an Gemälden, Reliefs, gotischen Kunstwerken, Waffen, volkskundlichen Gegenständen, Münzen, Büchern und Urkunden. Diese Gegenstände wurden in den Räumlichkeiten des ehemaligen Rathauses den Vereinsmitgliedern und allen Interessierten bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges zur Schau gestellt.
Sonnenburger Calendarium 1439 - 1746
Nach dem Krieg wurden einige der wertvollsten Objekte, die während des Krieges nach Salzburg überbracht worden waren, wiederum nach Bruneck zurückgeführt und der Museumsverein nahm seine Tätigkeit wieder auf, wurde im Jahr 1923 aber endgültig aus den Museumsräumlichkeiten verdrängt. Die Stücke wurden in Kisten verpackt und im Rathaus zwischengelagert; einige wertvolle Objekte wurden Privatpersonen anvertraut. Damit begann der lange Leidensweg der Brunecker Museumsbestände, die 1940 schließlich in das Bozner Stadtmuseum überführt wurden und dort zum Großteil in den Kellern deponiert und vergessen wurden.
Friedrich Pacher, Heilige Katharina von Alexandrien, 2. Hälfte des 15. Jhs.
Erst nach rund 40 Jahren Dornröschenschlaf wurden die Bestände im Jahre 1981 wieder „entdeckt“ und 1983 teils an Bruneck zurückgegeben. Aufbewahrungsort war zunächst das Volkskunde - Museum in Dietenheim. Der Zustand der Lieferung war zum Erbarmen. Einiges, z.B. die Schützenscheiben, waren nicht mehr transportfähig, von manchen Bildern gab es nur noch Fetzen. Für ein Brunecker Heimat- oder Stadtmuseum langte der arg zugerichtete und dezimierte Bestand nicht mehr, auch war im Brunecker Umkreis die Position für eine volkskundliche Ausrichtung mittlerweile mit Dietenheim besetzt.
Friedensreich Hundertwasser, aus der Serie 'Regentag Kreisverkehr'
In Anbetracht der Sachlage trafen Landesmuseum und Stadtverwaltung die Vereinbarung, die volkskundlich einschlägigen Gegenstände dem Museum in Dietenheim als Leihgabe zu überlassen. Diese Rückführung gab im Jahre 1990 Anstoß zur Wiederbelebung des alten Museumsvereins, der auf Initiative von Josef Gasteiger und Marco Pellizzari die Gründung eines neuen Museums anstrebte. 1995 wurde schließlich in den Räumen der restaurierten ehemaligen Postställe das Stadtmuseum eröffnet. Die Verwahrung, Restaurierung und Ausstellung der wertvollen Bestände des ehemaligen Museums konnten somit vom Museumsverein in die Tat umgesetzt werden. Ein weiterer Schwerpunkt wurde vom Museumsverein auf die Grafik im umfassenden Sinne– Druckgrafik, Zeichnung und Aquarell – gelegt. Seither hat der Verein eine umfassende grafische Sammlung von lokalen, nationalen und internationalen Künstlern von rund 3.500 Blättern aufgebaut, zu welcher sich noch mehrere Fotosammlungen (Ernst Mariner, Fotografenfamilie Kofler, u.a.) und zahlreiche Schenkungen von Privaten und namhaften Künstlern hinzufügen. Eine Besonderheit ist zudem der Bestand von mehr als 12.000 Exlibris aus aller Welt.
Auszug aus H. Grießmair, „Bewegte Geschichte des Museums der Stadt Bruneck“, in „Südtirol in Wort und Bild“, 3. Quartal 2009, SS.17-23.