WILLY VALIER - Bruchlinien der 1960er Jahre
Ausstellung bis 31.01.2021 verlängert!
… Antibabypille – Reform der Kirche – Beginn der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit –
Künstler besitzen seit je besondere Antennen für Bruchlinien, für alles Zerbrechliche, auch für die Verletzlichkeit des Menschen. In Valiers Werken zeigen sich Brüche und Bruchlinien, die auch als Metaphern einer Zeit des künstlerischen Umbruchs sowie der politischen und gesellschaftlichen Brüche gelesen werden können.
Aufbruch nach Fantasia
Die künstlerische Karriere von Willy Valier beginnt mit einer Reihe von Bildern, die dem Surrealismus verpflichtet sind. Seine Vorliebe für die „animalisch-phantastische Welt“ erkennt man in zahlreichen Werken mit Fisch- und Vogelmotiven aus der Mitte der 1950er Jahre.
„Ein Schlüsselerlebnis, das ihn zeit seines Lebens nicht mehr losgelassen hat, bedeutet ein Stück Jugendzeit: das Meer und die Zauberwelt des Mediterranen.“
Elisabeth Baumgartner
Aufbruch der Materie
Willy Valier öffnet sich Ende der 1950er Jahre abstrakten und infomellen Kunsttendenzen und gestaltet seine reliefartigen „Materici“ (Materialbilder) ohne jeglichen Gegenstandbezug. Internationale Vorreiter dafür sind u. a. Alberto Burri e Antoni Tàpies, die das Bild mit Materialien in den Raum hinein erweiterten.
Auch für Valier besitzt die Materialität eine besondere evokative Kraft, um dadurch, ähnlich wie Peter Fellin, zu einer ganz neuen, spröden Ästhetik zu gelangen.
Existenzielle Brüche
Zu Beginn der 1960er Jahre treten in Valiers Materialbildern wieder figurale Elemente auf. Die verwundete Oberfläche, die Spalten und Furchen verbinden sich mit menschlichen Zeichen, und Titel wie z.B. „Conditio humana“ zeugen von den existentiellen Fragestellungen.
„Sein Menschenbild erscheint lapidar, in groben Umrissen eingebunden in plastisch-harte Bildhäute, in schmutzige, dichte Materie, die das Leben in dumpfen, erdigen, teerartig-geschmierten Farben gefangen hält. Dieses persönliche dramatische Erleben des Menschenschicksals, aus dem es kein Entrinnen gibt, gräbt Valier in tiefen Furchen mit dem Stichel in die Bildoberfläche, verletzt und verunstaltet sie mit den Spuren des Schmerzes und seiner Anteilnahme“ Eva Kreuzer-Eccel
Politische Brüche: Per la Spagna und Vietnam
Willy Valiers komplexe Künstlerpersönlichkeit äußert sich in besonderer Weise auch in seinen politischen Bildern. Er widmet den Opfern des Franco-Regimes ebenso Werke wie dem Krieg in Vietnam. Auch sein Freund Karl Plattner nimmt sich mit dem Werk „Vietnam“ dieses Themas an, allerdings in ganz anderer Form. Während bei Valier der Terror und der Schrecken dominieren, ist es bei Plattner die Trauer.
love & peace
Neben dem Gefühl des Geworfenseins und der Widersprüchlichkeit konservativer Gesellschaftsstrukturen thematisiert Valier in seinen Bildern zunehmend auch den Wunsch nach menschlicher Zweisamkeit und Harmonie.
Im Mittelpunkt steht stets der Mensch mit seinen Problemen, seiner Verletzlichkeit, seinen Wünschen und existenziellen Fragen.
Ausstellungstexte von Eva Gratl
Kuratoren: Eva Gratl & Carl Kraus